Otti das Huhn
Vor langer Zeit lebte das Huhn Otti mit ihren neun Freundinnen in einem großen Hühnerstall. Tagsüber waren sie in einem großen Auslauf, in dem sie nach Würmern scharren und am Gras nagen konnten. Nachts wurden sie von den Menschen in einen gemütlichen Stall gerufen, damit sie es zum Schlafen schön warm hatten.
Immer, wenn Otti mit ihren Freundinnen draußen war, sah sie die Pferde, die nebenan auf der Weide standen. Otti blickte sie voller Sehnsucht an und wenn keine ihrer Freundinnen hinsah übte sie zu gehen wie ein Pferd. Wenn sie nachts träumte, dann träumte sie davon, wie sie mit den Pferden über die Wiese galoppierte und sich dann an ihr warmes, dichtes Fell kuschelte.
Lange Zeit träumte Otti davon, endlich mit den Pferden zusammen sein zu können. An einem ganz mutigen Tag rief sie sogar nach den Pferden, als sie an ihrem Auslauf vorbei liefen, aber aus einem Grund, den Otti nicht kannte, bekam sie keine Antwort.
Von nun an, rief sie jedes Mal nach den Pferden, wenn sie sie sah, aber sie schienen sie gar nicht zu hören.
Otti wurde sehr traurig. Sie mochte kein Futter mehr und saß nur noch im Stall in der Ecke. Sie hatte keine Lust mehr, mit ihren Freundinnen nach draußen zu gehen und nach Würmern zu picken oder mit ihnen im Sand zu spielen. Ihre Federn wurden immer struppiger, weil sie sich auch darum nicht mehr kümmerte.
Ottis Freundin Otta konnte es irgendwann nicht mehr mit ansehen und fasste sich ein Herz. Sie ging zu Otti und fragte sie: „Liebe Otti, seit Wochen sitzt du nun hier in der Ecke, deine Federn sind so struppig und du wirst immer dünner! Was ist denn nur los mit dir?“ Otti sah Otta lange an, dann antwortete sie: „Ach liebe Otta, jeden Tag sehe ich die Pferde, ich habe sie so oft gerufen, aber sie antworten mir nicht. Ich wäre doch so gerne bei ihnen auf der Wiese und würde so gerne an sie gekuschelt bei ihnen im Stall schlafen!“
Otta hatte nicht geahnt, wie groß Ottis Sehnsucht nach den Pferden ist. Ja, sie hatte gehört, dass Otti nach ihnen gerufen hatte, aber Otti war nun mal ein Huhn und ein Huhn gehörte in den Hühnerstall zu den anderen Hühnern! So sagte sie zu Otti: „Liebe Otti, du bist ein Huhn und solltest dich nicht nach dem Fremden sehnen. Du solltest bei den deinen bleiben und dich glücklich schätzen, dass so gut für dich gesorgt wird! Bei den Pferden musst du dein Futter selber suchen, bekommst es nicht regelmäßig hingestellt. Bei den Pferden musst du Wasser aus dem Graben trinken, hier bekommen wir immer frisches Wasser gebracht. Hier hast du einen warmen Schlafplatz ganz für dich alleine. Was passiert, wenn sich nachts eines der Pferde auf dich rollt? Dann bist du ganz platt und wirst deines Lebens nicht mehr froh.“
Otti hörte die Worte und so gerne sie etwas darauf erwidern wollte, sie konnte nicht. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Otta sah, dass ihre Freundin durch ihre Worte noch unglücklicher geworden war, legte einen Flügel um sie und flüsterte: „Liebe Otti, ich bin deine Freundin und das bleibe ich, egal, was du machst. Ich möchte nicht, dass du zu den Pferden gehst, aber wenn du unbedingt willst, dann werde ich dich unterstützen. Ich werde dir helfen, über den Zaun zu klettern und zu ihnen zu gehen, aber eines musst du mir versprechen!“
In Otti keimte Hoffnung auf und sie sah Otta erwartungsvoll an.
„Versprich mir, dass du zu uns zurück kommst, wenn du bei den Pferden nicht glücklich wirst! Versprich mir, dass du dich nicht schämst, weil du es probiert hast und etwas anderes kennenlernen wolltest! Versprich mir, dass du mit erhobenem Kopf zurück kommst, wir wollen dich nämlich nicht leiden sehen!“
Otti fühlte sich sehr erleichtert, als sie Ottas Wort hörte. Zwar verstand ihre Freundin ihre Sehnsucht nach den Pferden nicht, aber sie würde ihr doch helfen, endlich zu ihnen zu gelangen. Otti legt ihren Kopf an Ottas Hals und das erste Mal seit langem lächelte sie ein wenig. Jetzt würde alles gut werden.
Am nächsten Morgen liefen Otti und Otta den Zaun entlang, um nach einer Stelle zu suchen, an der Otti hinüber klettern konnte. Otta sagte: „Liebe Otti, wir sind jetzt mehrere Male den Zaun auf und ab gelaufen. Ich kann beim besten Willen keine Stelle finden, an der du ihn überklettern könntest! Es tut mir so leid für dich!“
Aber Otti war noch nicht bereit, aufzugeben: „Liebe Otta, den Zaun mag ich nicht überklettern können, aber ich kann auf den Baum klettern und über den Zaun fliegen.“
Otta war gleich doppelt überrascht. Sie wäre nie auf die Idee gekommen, auf den Baum zu klettern und sie wäre nie auf die Idee gekommen zu fliegen. Sie war schließlich ein Huhn und für mehr als ein paar Hüpfer benutzte sie ihre Flügel nicht, aber Otti hatte recht, so würde es gehen.
Es wurde also beschlossen, dass Otti am nächsten sonnigen Tag auf den Baum klettert und ihr Glück bei den Pferden auf der Weide versucht.
Der Beginn einer langen Reise
Otti ging am Abend voller Vorfreude in ihr Bett. Als sie erwachte blickte sie als erstes in Richtung der Tür, die die Menschen immer für sie und ihre Freundinnen auf machten, aber noch war sie verschlossen. Otti rannte zu Otta:
„Otta, Otta, die Tür ist immer noch zu und sieh zum Fenster, die Sonne scheint!“
Otta war noch gar nicht ganz wach und musste erst einmal ihre Federn schütteln, damit sie verstand, wovon die liebe Otti da sprach. „Otti, du hast doch jetzt schon so lange gewartet, da macht doch eine Stunde nichts mehr aus. Ich bin mir sicher, die Menschen kommen gleich und öffnen die Tür. Du solltest noch etwas frühstücken, bevor du dich auf die Reise machst, nicht, dass du mit leerem Magen über den Zaun fliegen musst und deine Ankunft in der Fremde nicht genießen kannst, weil dein Magen knurrt.“
Otti wollte nicht warten und eigentlich war ihr auch gar nicht danach, etwas zu essen, aber sie musste sich eingestehen, dass ihre Freundin wohl Recht hatte. Es gab ja auch nicht viel anderes zu tun, bis die Menschen endlich kamen.
Es war schon fast Mittag, als Otti endlich die Tür hörte, die in den Stall führte...
Mit Otta zusammen ging Otti nach draußen zum Baum. Otti setzte den ersten Fuß auf den Steinstapel neben dem Baum und sah zurück zu ihrer Freundin. „Liebe Otta, wünsch mir Glück auf meiner Reise. Ich weiß nicht, ob oder wann ich zurück komme und ich weiß nicht wohin mich meine Reise führen wird, aber ich möchte, dass du weißt, dass ich dich sehr lieb habe und sollte die Freiheit irgendwann auch nach dir rufen, bist du jederzeit herzlich willkommen!“
Otta blickte zu Otti auf den Steinen: „Otti, mach dir keine Gedanken um mich! Ich wünsche dir alles Gute für deine Reise und es reicht, wenn du manchmal an mich denkst. Ich bin hier und warte auf dich, falls du irgendwann doch zurück kommen möchtest. Ich habe dich lieb!“
Einen Moment noch sah Otti ihre Freundin schweigend an, dann kletterte sie weiter den Steinstapel hoch und weiter über den tief hängenden Ast, hinauf auf den Baum.
Als sie hoch genug geklettert war, dass der Zaun unter ihr lag, holte sie tief Luft, breitete ihre Flügel aus und ließ sich vom Ast fallen. Von so hoch war sie noch nie gestartet und im ersten Moment hatte sie Angst, sie würde auf den Boden fallen und sich die Flügel brechen. Otti stieß einen lauten Schrei aus, halb aus Angst vorm Fallen und halb aus Freude über ihren Mut.
Sie fühlte, wie die Luft unter ihre Flügel griff und ihre Federn sie trugen. Ganz weich schwebte sie über den Zaun und weiter über den Sandplatz der Pferde. Otti war so voller Glück, dass sie sich sogar traute mit den Flügeln zu schlagen und damit ihren Flug noch über den Sandplatz hinaus verlängerte, um auf der Weide der Pferde zu landen.
Otta stand am Zaun und sah ihrer Freundin nach. Sie freute sich, dass Otti es geschafft hatte und sie schmunzelte darüber, wie Otti ihre Flügel entdeckt und zum Fliegen benutzt hatte.
Natürlich war den anderen Hühnern nicht verborgen geblieben, dass unter dem Baum etwas vor ging und sie sammelten sich am Zaun. Es wurde aufgeregt gegackert, als sie bemerkten, dass Otti in die Freiheit entflogen war, aber man war sich schnell einig, dass so etwas anmaßend sei und sich für ein Huhn nicht gehöre.
Otta hörte den Hühnern eine Weile zu, aber sie stimmte nicht in das Gemeckere mit ein. Nur dadurch, dass einige mutiger waren als andere, konnte sich doch die Welt verändern.
Otti stellte ihre Flügel in den Wind und landete sanft auf der Weide. Sie hatte den Kopf unterwegs noch schnell einziehen müssen, weil sie vom Hühnerstall aus nicht gesehen hatte, dass dort noch ein Zaun war, aber abgesehen von einem leinen Schreck war ja nichts passiert. Offensichtlich hatten die Pferde auch Zäune. Das war ihr vorher gar nicht klar gewesen, sie hatte gedacht, die Freiheit der Pferde sei schier unbegrenzt.
Auch war Otti sehr überrascht, wie nass es bei den Pferden war, ihre Füße sanken richtig in den Matsch. Aber sie war so glücklich, dass sie einfach weiter lief und nicht darauf achtete, dass ihre Federn schmutzig wurden.
Ottis Ankunft bei den Pferden
Als Otti bei den Pferden ankam sah sie schon reichlich abgekämpft aus. Ihre geputzten Federn waren mit Dreck beschmutzt und ihre Beine waren unter einer dicken Kruste gar nicht mehr zu sehen, aber Otti machte sich keine Gedanken darum. Sie setzte ihr schönstes Lächeln auf und sagte: „Hallo meine lieben vierbeinigen Freunde! Ich bin Otti und ich bin weit über den Zaun geflogen, um endlich bei euch leben zu können. Ich bin so glücklich, den Mut gefunden zu haben und hoffe sehr, dass wir uns gut verstehen.“
Die Pferde fraßen einfach weiter und reagierten nicht auf Otti. Sie hatte sich so auf die Pferde gefreut, dass sie gar nicht auf die Idee gekommen war, dass die Pferde sich nicht auf sie freuen könnten. Sie fühlte sich vor den Kopf gestoßen und ihr Mut sank.
Traurig setzte sich in der Nähe der Pferde unter den Zaun und hoffte, dass die anderen Hühner sie nicht sehen konnten. Sie hatte so viel Spott ertragen müssen und nun fragte sie sich, ob die anderen Hühner nicht vielleicht doch recht gehabt hatten. Otti dachte an Otta. Wenigstens ihre liebe Freundin hatte zu ihr gehalten und ihr Glück gewünscht. Glück brauchte sie jetzt!
Traurig pickte Otti in der Erde herum. Zunächst tat sie es nur aus Gewohnheit, aber irgendwann merkte sie, dass es auf der Weide viel mehr Samen und Gräser zum Picken gab, als im Hühnerauslauf und sie genoss die vielen fremden Geschmacksrichtungen.
Den Bauch voller Köstlichkeiten machte Otti sich erneut auf den Weg zu den Pferden. Diesmal lief sie nicht so stürmisch auf sie zu, sondern näherte sich langsam und höflich von vorne.
„Tut mir leid, ihr lieben, ich wollte vorhin nicht so auf euch zu stürmen, aber ich habe mich so gefreut, bei euch sein zu können, da konnte ich einfach nicht an mich halten. Vielleicht können wir uns jetzt unterhalten?“
Aber die Pferde antworteten Otti wieder nicht. Sie bemerkte aber eine Veränderung. Als sie auf die Pferde zu gerannt war, um sie zu begrüßen, hatten sie nicht geantwortet und sich langsam von ihr abgewandt. Jetzt, wo Otti sich ruhiger verhielt, antworteten die Pferde zwar immer noch nicht, aber sie drehten sich auch nicht weg. Es schien sie nicht zu stören, wenn Otti in ihrer Nähe im Boden pickte.
Otti wanderte mit den Pferden über die Weide und auch, wenn sie gehofft hatte, die Pferde würden irgendwann mit ihr sprechen, fühlte sie sich zunehmend wohler und gewöhnte sich an die Stille.
Die Pferde passten auf, dass sie um Otti herum liefen, wenn sie sich bewegten und Otti fühlte sich sehr sicher. Vom Hühnerauslauf aus hatte sie gesehen, dass manchmal Füchse über die Pferdeweide liefen, aber sie merkte, dass sich die Füchse von den Pferden fern hielten. Die anderen Hühner waren immer panisch losgerannt, wenn sie einen Fuchs gesehen hatten, nur Otti hatte auf dem Steinstapel gestanden und sie beobachtet. Aber nun musste Otti zugeben, dass sie froh war, dass die Füchse nicht näher kamen und sie sich zumindest darum keine Sorgen zu machen brauchte.
Als Otti über den Zaun geflogen war hatte die Sonne geschienen und es war wohlig warm gewesen, doch jetzt zogen Wolken auf, die nach Regen aussahen. Otti blickte sich nach einem Unterstand um, aber sie musste erkennen, dass es bei den Pferden nichts zum Unterstellen gab.
Als die ersten Tropfen fielen plusterte sie ihr Gefieder auf, setzte sich in das hohe Gras und versteckte ihren Kopf unter ihrem Flügel. Einige Zeit konnte sie sich warm halten. Als sie anfing zu frieren dachte sie einfach daran, wie sie am Abend mit den Pferden in den Stall gehen und sich an ihnen wärmen würde...
Otti fror. Es war erst kurz nach Mittag und die Pferde wurden immer erst in den Stall geholt, wenn die Menschen, die Hühnertür schon lange zugemacht hatten. Otti begann, im Kreis zu laufen, um sich warm zu halten.
Ganz in ihre Gedanken versunken setzte sie einen Fuß vor den anderen und merkte dabei nicht, dass sie immer näher an das weiße Pferd heran kam. Plötzlich fielen keine Regentropfen mehr auf ihre Federn. Sie blieb stehen und musste kurz überlegen, was sich verändert hatte. Otti blickte nach oben, ihr Herz setzte einen Schlag aus. Sie stand unter dem weißen Pferd, deswegen hatte es aufgehört auf ihre Federn zu tropfen.
Das weiße Pferd drehte den Kopf so, dass es Otti direkt ansah und Otti hatte Angst, das Pferd würde mit ihr schimpfen, aber alles, was Otti in den Augen sah, war ein warmer, liebevoller Ausdruck, als wollte ihr das Pferd sagen, dass es auf sie aufpasst.
Otti entspannte sich, als das Pferd den Kopf wieder nach vorne drehte und weiter fraß.
Geschützt vor dem Regen wurde Otti langsam wieder warm. Das weiße Pferd passte auf, dass es nicht auf Otti trat, wenn es beim Fressen langsam weiter lief und Otti konnte den Rest des nachmittags behütet nach den köstlichen Samen auf der Erde suchen.
Die erste Nacht in Freiheit?
Der Regen hörte auf, als es anfing zu dämmern. Das weiße Pferd hatte Otti Schutz geboten und Otti bedankte sich: „Vielen Dank, mein vierbeiniger Freund, dafür, dass du mir Schutz geboten hast. Ich würde so gerne deinen Namen erfahren und Geschichten von dir hören!“
Wieder antwortete das Pferd nicht. Es fraß einfach weiter und tat so, als hätte Otti nie zum Schutz vor dem Regen unter ihm gestanden. Otti verstand einfach nicht, warum das Pferd ihr zwar half, aber sie dann wieder wie Luft behandelte.
Kopfschüttelnd erkundete Otti die Weide. Die Füchse hatte sie schon eine Weile nicht mehr gesehen und so war sie mutig genug, auch mit etwas Abstand zu den Pferden umherzulaufen.
Ein wohl bekanntes Geräusch ließ Otti aufblicken: Die Menschen waren gekommen, um die Tür im Hühnerstall zur Nachtruhe zu schließen. Sie konnte sehen, wie die anderen Hühner bei dem Geräusch los liefen, um die Nacht im Warmen zu verbringen. Otti wusste nicht, ob es ihr jetzt nicht doch lieber wäre, im Stall bei Otta zu sein, als hier bei den Pferden, die nicht mit ihr sprachen und wo sie nicht wusste, ob sie ihr erlauben würden, an sie gekuschelt zu schlafen.
An eine Sache hatte Otti nicht gedacht, als sie sich aus dem Baum im Hühnerauslauf gestürzt hatte, eigentlich hatte sie noch nie darüber nachgedacht, aber sie konnte doch im Dunkeln nichts sehen! Die Menschen hatten sie immer hereingeholt, bevor es Dunkel wurde und das Licht im Stall ging erst nach dem Essen aus. Was sollte sie denn machen, wenn die Menschen die Pferde erst in den Stall holten, wenn es schon dunkel war? Noch konnte sie sehen, wo die Pferde waren, aber es wurde so schnell dunkel, dass sie nicht wusste, wie sie den Anschluss behalten sollte.
Die Pferde bewegten sich langsam auf einen Durchgang im Zaun zu, von dem Otti wusste, dass die Menschen die Pferde dort abends abholten, um sie in den Stall zu bringen. Sie konnte nicht mit den Pferden mithalten, weil sie nicht einmal mehr den Boden sehen konnte und sich Schritt für Schritt voran tasten musste. Zum Glück machten die Pferde genug Geräusche, damit sie wusste, in welche Richtung sie gehen musste.
Es war schon einige Zeit dunkel, als die Menschen den Pferden den Zaun aufmachten. Die Pferde liefen auch sofort los und der Mensch lief ihnen hinterher. Otti bekam Angst, ihre Beine zitterten. Sie konnte doch nicht die Nacht alleine irgendwo auf der Weide verbringen. Was war, wenn die Füchse wieder kämen, sie konnte doch nicht einmal sehen, wohin sie rennen musste.
Voller Panik schrie sie: „Hallo? Hallo! Ich bin auch noch hier, ich muss auch noch in den Stall. Ich kann hier nicht ganz alleine draußen schlafen!“
Die Pferde waren schon beim Stall und der Mensch war auch schon auf halbem Wege, als er sich plötzlich umdrehte und wieder zurück kam.
Otti wusste es nicht, aber jeden Abend, wenn die Menschen die Stalltür zu machten, zählten sie die Hühner, damit sicher war, dass kein Huhn draußen übernachten und frieren musste. Auch wusste Otti nicht, dass die Menschen die Füchse ebenfalls gesehen hatten und aufpassten, dass sie keine Chance hatten, an ein Huhn heran zu kommen.
Offensichtlich konnten Menschen im Dunkeln fast genauso gut sehen, wie die Pferde, denn Otti merkte, wie der Mensch zwar seine Schritte verlangsamte, als er näher kam, aber er blieb nicht stehen. Leise rief der Mensch: „Otti, Otti.“ Sie antwortete: „Hier bin ich, hier bin ich! Bitte nimm mich mit in den Stall.“
Vorsichtig beugte sich der Mensch herunter, als er bei Otti angekommen war und strich ihr sanft über die Federn in ihrem Nacken. Er sagte etwas, aber Otti konnte nicht verstehen, was es war. Es klang aber nicht bedrohlich.
Der Mensch nahm Otti vorsichtig auf den Arm und machte sich in Richtung des Pferdestalls auf den Weg. Otti legte ihren Kopf an den Arm des Menschen und sie wusste nicht warum, aber sie wusste, dass nun alles gut werden würde.